Tachos reparieren

foto: profact

autodino’s Service-Bericht
Die Tacho-Magier

Sebastian Kroth und Felix Neresheimer bringen defekte LC-Displays im Armaturenbrett wieder auf Vordermann

Günter Wehrhahn staunte nicht schlecht: 960 Euro wollte seine Autowerkstatt für ein neues Kombiinstrument haben. Dabei hatten sich im LC-Display nur ein paar Pixel verabschiedet. Allerdings ließ sich dadurch der Kilometerstand nicht mehr eindeutig ablesen. Ausgesprochen unangenehm, wenn man den Wagen gut verkaufen will. Wehrhahn biss also in den sauren Apfel und zahlte. Die Freude über das nagelneue Instrument im Armaturenbrett währte aber nur kurz: Ein Kollege verriet ihm, dass er zum gleichen Ergebnis für lediglich 150 Euro gekommen wäre. Durch die „Tacho-Magier“ aus München …

Alles eine Frage der Verbindung

Wie repariert man LC-Displays? Mit dieser Frage werden Sebastian Kroth (30) und Felix Neresheimer (39) fast täglich konfrontiert. Schließlich handelt es sich bei diesen Bauteilen um hermetisch abgeschlossene Einheiten, die man nicht einfach öffnen und wieder verschließen kann. Die Antwort der beiden Münchner ist so einfach wie verblüffend: gar nicht! Denn das eigentliche Display ginge fast nie kaputt, erklären die Elektronik-Spezialisten. Defekt sei in aller Regel dagegen die Zuleitung, bestehend aus zahlreichen hauchdünnen Leiterbahnen, eingebettet in einen durchsichtigen Kunststoffmantel. „Das Ende der Zuleitung klebt auf entsprechenden Kontakten auf der Platine des Kombiinstruments“, erläutert Kroth. Klebt? „Ja, klebt. Durch einen elektrisch leitenden Spezialkleber.“ Diese Verbindung sei im Grunde ideal. Wenn da nicht die Leiterbahnen wären, die durch häufigen Wechsel von hohen und niedrigen Temperaturen und den unvermeidlichen Vibrationen im Auto reißen könnten. Ist der Kontakt unterbrochen, reagieren die zu dieser Leitung gehörenden Pixel im Display nicht mehr. Aus der 8 wird in der Anzeige dann schon mal eine 0, aus der 7 einen 1. Oder es erscheint an den betroffenen Stellen nur ein Wirrwarr aus Punkten und kleinen Strichen.

Chirurgische Präzision ist gefragt

Die Reparatur der Pixelfehler erfordere schon fast chirurgische Präzision, so Kroth weiter. Denn alle Leiterbahnen in der defekten Zuleitung müssten mit dem Skalpell säuberlich freigelegt und sorgfältig präpariert werden. Ähnliches passiert mit den Kontakten auf der Platine. Wenn die elektrische Verbindung hundertprozentig stimmt, kommt der Spezialkleber zum Einsatz, dessen Funktion wiederum ausgiebig getestet wird. „Die richtige Zusammenstellung des Werkzeugs und der Chemikalien hat Monate gedauert“, verrät Kroth und zeigt stolz eine Packung des Spezialklebers, den man lange gesucht habe und mit „mehreren Hundert Euro“ pro Rolle auch teuer einkaufen müsse.

Bundesweiter Service

Die Reparaturerfolge von Kroth und Neresheimer sprachen sich schnell im Münchner Raum herum. Immer mehr durch Pixelfehler frustrierte Autofahrer besuchten den Spezialbetrieb im Zentrum der Bayern-Metropole. Inzwischen läuft der Service bundesweit. Neben großen Autohäusern renommierter Marken nutzen nach wie vor viele Privatpersonen das Know-how der „Tacho-Magier“, und zwar aus ganz Deutschland. Kroth schätzt, dass in der Bundesrepublik bei Hunderttausenden von Fahrzeugen die Displays defekt sind. Vor allem bei den teuren Nobelmarken. Zur Reparatur müsse man auch längst nicht mehr mit dem Auto vorfahren, man könne einfach den defekten Tacho einschicken. „Der Ausbau ist viel einfacher als die meisten denken“, sagt Kroth. „Mit unseren Anleitungen ist das in wenigen Minuten erledigt.“ Danach könne das Instrument per Post oder Kurierdienst zugeschickt werden. „Noch am Tag der Zustellung reparieren wir das Display und senden es sofort zurück.

Dies gilt auch, wenn das Display durch einen nicht fachmännisch durchgeführten Reparaturversuch beschädigt wurde. Der gesamte Zeitaufwand für die Instandsetzung liegt somit bei drei bis vier Tagen.“ In einer Vertragswerkstatt könne man zwar schneller an ein funktionstüchtiges Display kommen, doch das zu deutlich höheren Kosten. „Die Preisspanne liegt zwischen 600 und 1.600 Euro, da in aller Regel das gesamte Instrument ausgetauscht wird“, verrät Kroth. „Da ist unser Honorar von durchschnittlich 150 Euro doch ein echtes Schnäppchen …“
(we)

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