Land Rover Defender: die Modellgeschichte

Land Rover Defender: die Modellgeschichte

Der Land Rover Defender: Maßstab für Geländegängigkeit und Robustheit. Er gilt weltweit als Synonym für die Eroberung unzugänglicher Landstriche und als Retter in der Not, abgehärtet in ungezählten Expeditionen und Kriseneinsätzen. Mehr als 1,7 Millionen im Werk in Solihull produzierte Exemplare sprechen eine deutliche Sprache – ebenso die Tatsache, dass 70 Prozent aller jemals gefertigten „Landys“ noch immer auf den Straßen und Pisten der Welt unterwegs sind.

Der aktuelle Land Rover Defender repräsentiert die vierte Generation des Offroad-Klassikers. Der Land-Rover der Serie I hatte am 30. April 1948 auf der Amsterdam Motor Show Premiere. Anders als der amerikanische Willys Jeep war er kein militärisches Ziehkind, sondern ein waschechter Zivilist: Maurice Wilks, leitender Ingenieur bei Rover und später bekannt als „Vater des Land Rover“, hatte in erster Linie ein extrem stabiles und billiges Fahrzeug für die Landwirtschaft im Sinn. Der Land-Rover – bis 1990 wurde der Name mit Bindestrich geschrieben – sollte für den krisengeschüttelten Automobilhersteller zudem dringend benötigte Ausfuhrgewinne erwirtschaften.

Die konstruktiven Merkmale des Ur-Land-Rover waren im Wesentlichen dieselben wie heute: ein Kastenrahmen-Chassis, Starrachsen vorn und hinten sowie eine Aluminiumkarosserie. Das Leichtmetall war nämlich im Gegensatz zu Stahl ohne teure Presswerkzeuge zu bearbeiten. Um die Fertigung rationell zu gestalten, entschieden sich die Entwickler für ein kantiges, leicht umsetzbares Design. Die geradlinige Bauweise erleichterte darüber hinaus den Bau von Sonderausführungen und damit die universelle Einsatzfähigkeit des Fahrzeugs.

Als Motor bot sich zunächst ein 50 PS starker Vierzylinder-Benziner mit 1,6 Liter Hubraum aus dem Rover-Regal an. Für den Geländeeinsatz verfügte der „Landy“ über ein Reduktionsgetriebe. Auf der Straße ließ sich der Antrieb auf die Vorderachse per Zugschalter entkoppeln. Ein weiterer Unterschied zu heute: Das Chassis war über Blattfedern mit der Achse verbunden.
Vom Start weg ein Welterfolg

Der Land Rover war vom Start weg ein Erfolg. Schon im Premierenjahr 1948 wurde das Modell in 68 Länder exportiert, 1951 waren zwei Drittel aller gefertigten Rover-Fahrzeuge Land Rover, sodass der Vorstand seinen ursprünglichen Plan schnell aufgab, die Produktion des kernigen Geländewagens nach Erscheinen einer exporttauglichen Limousine sofort wieder einzustellen. Nach Einführung einer Variante mit langem Radstand 1954 war der britische Kletterkünstler erstmals auch mit festem Dach und vier Türen erhältlich. 1957 schließlich kam ein Diesel aus eigener Produktion ins Land-Rover-Programm: ein Vierzylinder mit 2,0 Liter Hubraum und 51 PS.

1958 debütierte die optisch überarbeitete Serie II. Äußeres Kennzeichen war eine breitere Karosserie mit einer seitlichen Sicke, die sich nach vorn in die Kotflügel fortsetzte. Auch das Militär hatte mittlerweile die Qualitäten des Fahrzeugs entdeckt: 1956 wurde der robuste Geländewagen zum Standardfahrzeug der britischen Streitkräfte erhoben, andere Armeen folgten rasch. Insgesamt gingen bis heute rund 50 Prozent aller jemals produzierten Fahrzeuge der Land-Rover-/Defender-Reihe an Militärs und Behörden.
Konsequente Modellpflege

1971 erschien die dritte Serie des Klassikers. Äußerlich unterschied sie sich kaum von ihrer Vorgängergeneration, unter der Alu-Karosserie wartete sie allerdings mit neuen Details, wie einem vollsynchronisierten Getriebe auf. Ab 1979 hielt ein auf 91 PS gedrosselter 3,5-Liter-V8 aus dem Range Rover als neue Topmotorisierung Einzug ins Programm. Vorerst exklusiv bekam das Spitzenmodell nach Vorbild des Range Rover auch einen permanenten Allradantrieb mit sperrbarem Zentraldifferenzial, der mit Erscheinen der Serie IV im Jahr 1983 auch für die anderen Varianten zum Standard wurde. Eine weitere Neuerung: Statt Blattfedern gab es nun an allen vier Rädern Schraubenfedern, was den Bau eines völlig neuen Chassis notwendig machte. Neben den klassischen Ausführungen mit kurzem und langem Radstand kam nun erstmals ein Pick-Up hinzu. 1994 schließlich setzte bei den Selbstzündern die Direkteinspritzer-Zeit ein.
Auf der Höhe der Zeit

Seit 1990 heißt der Ur-Land-Rover Defender. Äußerlich unterscheidet er sich auch heute, nach der jüngsten, zum Modelljahrgang 2002 vollzogenen Modellpflege nur wenig vom Urahn des Jahres 1948. Unter der kantigen Karosserie jedoch besitzt er zeitgemäßen Komfort und robuste, moderne Technik – und nach wie vor die einzigartige Fähigkeit, Offroad-Abenteuer zum Erlebnis zu machen.

Als Kraftquelle dient dem Defender auf dem europäischen Markt ein robuster und drehmomentstarker Fünfzylinder-Turbodieselmotor mit 2,5 Liter Hubraum und Pumpe-Düse-Technik sowie einer Leistung von 90 kW/122 PS. Zur Wahl stehen drei Radstände, die den verschiedenen Modellvarianten ihren Namen geben (90, 110 und 130 Zoll) sowie die Karosserieversionen Soft Top, Hard Top, Pick-Up, Station Wagon und Doppelkabine. Während das Zubehörprogramm des Klassikers kaum einen Wunsch in Sachen individueller Ausstattung offen lässt, bildet ein robuster Kastenrahmen aus Stahl nach wie vor das „Rückgrat“ des Defender. Nach bester Land-Rover-Markentradition fährt der Defender unverändert mit permanentem Allradantrieb samt Geländereduktion.
Defender – ein Welterfolg

Nicht alle Land-Rover- und Defender-Modelle kamen aus dem Stammwerk Solihull. Größere Serien entstanden von 1959 bis 1994 bei Santana im spanischen Linares (287 067 Fahrzeuge) und zwischen 1952 und 1956 bei Minerva in Belgien (zirka 18 000 Einheiten). Ein Teil der Produktion wird als CKD-Teilesatz (Completely Knocked Down) von Solihull aus um den Globus geschickt und in ausländischen Werken zusammengebaut. Insgesamt gehen drei Viertel der Defender-Produktion ins Ausland, womit Maurice Wilks‘ Vision von einem Exportschlager Wirklichkeit wurde. Die britische Krone sah dies ähnlich und verlieh 1990 Land Rover für den Welterfolg Defender den „Queen’s Award of Export“.
Studie „Defender Project Special Vehicle X“ zeigte Zukunftspotenzial

Dass in dem Offroad-Klassiker noch viel Potenzial steckt, bewies das 2001 vorgestellte Konzeptfahrzeug „Defender Project Special Vehicle X“, das die typischen Land-Rover-Werte Robustheit, Unverfälschtheit und Abenteuerlust auf moderne, zukunftsweisende Art interpretierte. Als Antrieb diente der 2,5-Liter-Td5-Diesel, der für den Einsatz in der Studie allerdings modifiziert wurde. Die Kraftverteilung auf die vier permanent angetriebenen Räder übernahm traditionell ein Fünfgang-Schaltgetriebe mit Geländeuntersetzung und sperrbarem Zentraldifferenzial. Als Novum konnte der Fahrer per Knopfdruck zusätzlich per Druckluft betätigte Sperrdifferenziale für Vorder- und Hinterachse aktivieren. Die elektronische Traktionskontrolle schaltete sich bei gesperrten Achsdifferenzialen automatisch aus.

Auch beim Fahrwerk ging die Studie einen Schritt weiter: Die Verwendung zweistufiger, aus dem Rennsport abgeleiteter Schraubenfedern in Kombination mit speziellen Gasdruckstoßdämpfern, die aus separaten Gas-Vorratsspeichern versorgt wurden, ermöglichte noch längere Federwege. Der Defender Project Special Vehicle X rollte auf 20-Zoll-Leichtmetallrädern mit speziell profilierten Geländereifen. Zusätzlich besaß das Konzeptfahrzeug die aus den Schwestermodellen Freelander, Discovery und Range Rover bekannte Bergabfahr-Kontrolle HDC.(we)

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